Ergebnis einer Lehrveranstaltung der KFU von Irene Suchy in Graz
Musikalischer Radiorundgang durch Graz – Google My Maps
Franz Schubert Grätzer Galopp - dieses Stück wie auch die 12 Grätzer Walzer (D 924) stehen in engem Zusammenhang mit Schuberts einzigem Besuch in Graz im September 1827. Schubert folgte der Einladung der Pianistin, Komponistin und Salonnière Marie Pachler-Koschak nach Graz zu kommen.
Franz Schubert war einer von den zahlreichen Gästen und Persönlichkeiten des Kulturlebens, die sich im Pachlerschen Haus in der Grazer Herrengasse mit der heutigen Hausnummer 28 einfanden.
Marie Koschak wurde 1794 in Graz, damals Grätz, geboren und galt als musikalisches Wunderkind, besonders durch ihr Klavierspiel.
Wir befinden uns heute auf Musikerkundung in Graz, und folgen den Spuren von Marie Pachler, Marie Soldat- Roeger und jetzt Anselm Hüttenbrenner.
Anselm Hüttenbrenner war der bedeutendste Komponist und Musikkritiker der Steiermark im 19. Jahrhundert, ein regelmäßiger Gast im Salon Pachler und sicher auch zugegen, als Schubert 1827 in Graz war, denn die beiden waren seit der gemeinsamen Studienzeit in Wien bei Antonio Salieri eng befreundet und Hüttenbrenner sogar einer der wenigen Dutz-Freude Schuberts.
Aus der Erinnerung des heutigen Graz ist Hüttenbrenner verschwunden, obwohl er zu Lebzeiten eine berühmte Grazer Persönlichkeit war, die Leitung des Grazer Musikvereins von 1824-1839 inne hatte und über die Stadtgrenzen hinaus bekannt war, wie die zahlreichen Ehrenmitgliedschaften bezeugen.
Geboren 1794 in Graz, ist Anselm Hüttenbrenner schon früh als begabter Pianist in Erscheinung getreten. Im Alter von 20 Jahren ging er ursprünglich für ein Jusstudium nach Wien, wurde aber auch für Kompositionsstudien an Antonio Salieri vermittelt.
Geht man vom Salon Pachler die Herrengasse einige Schritte hinauf, kommt man zu einer der Wirkungsstätten Anselm Hüttenbrenners: das Grazer Landhaus. Bereits im 16. Jahrhundert erbaut, tagt heute in der barocken Landstube der steirische Landtag. Zu Hüttenbrenners Zeit als Musikdirektor, in den 1820er und 30er Jahren, fanden hier, im Rittersaal, meist die Vereinskonzerte mit den Schülern statt.
Sein Heimweg nach einem dieser Konzerte führte ihn dann in einem 20 minütigen Spaziergang über den Hauptplatz, durch die Sporgasse und das Paulustor hinauf in die Vorstadt nach Geidorf und in die untere Geydorfstraße. Vorbei an Feldern und Gärten wie dem Meerscheingarten gelangte er bald zum Gülthof Rosenegg, wo Hüttenbrenner seit 1821 mit seiner Familie lebte. Das Gebäude in der Heinrichstraße 43, in unmittelbarer Nähe zur Universität, hat sich erhalten.
Betritt man den Hof, rückt der Lärm der vielbefahrenen Straße ein wenig in den Hintergrund und der Blick fällt gleich auf den ebenso erhaltenen frühbarocken Stiegenaufgang und die Säulenarkarde mit den Rundbögen. Hier dürfte auch Schubert während des Graz-Aufenthalts Gast gewesen sein und die Familie seines Freundes besucht haben.
1825 hat Hüttenbrenner hier sein erstes Requiem in c-Moll komponiert. Es wurde mehrmals aufgeführt: zum Gedenken an Salieri, Beethoven und Kaiser Franz I. in der Grazer Barmherzigenkirche und auch in Wien am 23. Dezember 1828 für Schubert.
Die Spuren des steirischen Komponisten Anselm Hüttenbrenner sind auch an weiteren Orten in Graz zu finden. So hat die Familie im Jahr 1839 ein Haus mit Garten in der mittleren Laimburggasse, heute die Laimburggasse 8 bezogen, wo sie bis 1852 lebte. Eine Erinnerungstafel fehlt aber.
Knapp 30 Jahre nach dem Tod der einflussreichen Saloniere Marie Pachler-Koschak spielt der Salon als Schnittstelle zwischen privatem und öffentlichem Bereich immer noch eine wichtige Rolle. Clara Schumann schreibt in ihrem Tagebuch über eine Gegebenheit im Salon der Familie Levi:
„Abends Fräulein Soldat bei Levi´s, sie spielte mir, mit Julie von Asten begleitet, Mendelssohns Violin-Concert, den ersten Satz vortrefflich vor. Sie hat glaube ich eine Zukunft; daß sie aus der Joachim´schen Schule ist, hört man gleich.“
Nicht aber um die wohlbekannte Clara Schumann soll es heute gehen, sondern um die berühmte Geigenvirtuosin Marie Soldat-Röger. Weil das Stirnrunzeln unserer geschätzten Hörer*innen durch das Radio hörbar war, darf ich Sie beruhigen: Marie Soldat-Röger ist zwar heute aus dem Gedächtnis verschwunden, war aber zu Lebzeiten in den obersten Kreisen der Musikszene unterwegs.
Sie studierte in Berlin bei Joseph Joachim – der ihr sogar seine Lieblingsgeige zur Verfügung stellte. Ihre Zulassungsprüfung in Joachims Klasse absolvierte sie mit niemandem geringeren als Johannes Brahms am Klavier. Soldat-Röger und Brahms lernten sich in Pörtschach kennen, wo sie für die Kurgäste spielte und so nach dem Tod ihres Vaters ihre Familie ernährte. Nach ihrem Studium bei Joseph Joachim trat sie auf internationalen Konzertbühnen als Solistin und mit ihrem Streichquartett auf.
Ihr Weg zur Geige war ein ungewöhnlicher. Sie selbst schreibt rückblickend in ihrem Tagebuch darüber: „In meinem 9. Lebensjahr mußte ich anfangen das Geigenspiel zu lernen, durchaus nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Wunsch meines Vaters, dessen Freund mein künftiger Geigenlehrer war und welcher wünschte, ein talentiertes Mädchen zu unterrichten. Mein Vater ließ mich also vorführen und ich freute mich riesig darauf, da ich dachte, daß man längst nicht so viel üben müsse als am Clavier.“
Bereits mit 11 Jahren trat sie im Steiermärkischen Musikverein mit der Fantasie-Caprice von Henri Vieuxtemps auf. Nach ihrem Studium in Berlin heiratete sie Wilhelm Röger und verlegte ihren Wohnsitz nach Wien. Weder die Geburt ihres Sohnes noch die Trennung von ihrem Mann hinderte Marie Soldat-Röger an ihrer Tätigkeiten als Solistin, die sie mit Unterstützung ihrer Mutter fortsetze.
Soldat-Röger legte den Grundstein ihrer musikalischen Laufbahn in Graz, ging damit in die Welt hinaus und kehrte am Ende ihres Lebens wieder zurück. 1939 wurde ihr der Professorentitel der Grazer Gesellschaft der Musikfreunde verliehen und 1952 der des Staates Österreich. Soldat-Röger starb 1955 in Graz.
Wie Marie Pachler und Anselm Hüttenbrenner prägte Marie Soldat-Röger das Grazer Kulturleben maßgeblich. Heute erinnern aber nur mehr wenige Orte in der Stadt daran. Diese Orte stehen auf einer Karte gesammelt im Onlinetext des Campusradios für ihren nächsten Spaziergang bereit.
Diese Sendung aus der Serie Der gute Ton entstand im Rahmen
der Lehrveranstaltung Musikwissenschaft und Rundfunk von Irene Suchy an der
Karl-Franzens-Universität Graz. Gestaltung: Ulrike Fischer, Jakob Leitner und
Juliane Oberegger.
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